Mineralwasser
VON VERA BUELLER Die Produktion eines einheimischen Kopfsalats aus dem Treibhaus verbraucht drei Mal mehr Erdöl als die eines Liters ausländisches Mineralwasser – gekühlt, mit Kohlensäure versetzt und in die Schweiz transportiert. Trotzdem will der Waadtländer CVP-Nationalrat Jacques Neirynck nicht Treibhaus-Kopfsalat sondern Mineralwasser verbieten lassen – um Energie zu sparen. Künftig sollen wir nur noch Hahnenwasser trinken. Dabei könnte der Politiker zumindest etwas differenzieren: Die Umweltbelastung des Mineralwassers wird wesentlich durch den Transport, durch die Kühlung und die Verpackung bestimmt. Der Konsum von heimischen Mineralwässern aus der Region ist demnach weit weniger «verwerflich» als der Griff zum Luxuswasser aus Japan. Vor allem aber versorgt uns Mineralwasser mit wesentlich mehr Mineralstoffen und Spurenelementen als Leitungswasser. Das hat mit der Entstehung von Mineralwasser zu tun, das über Jahre und Jahrzehnte durch die Boden- und Gesteinsschichten sickert. «Dabei wird das Wasser nicht nur gefiltert und gereinigt, sondern löst auch Mineralien und Spurenelemente aus den verschiedenen Gesteinsschichten – die sich je nach Region stark unterscheiden», erklärt Marcel Kreber, Generalsekretär des Verbandes Schweizerischer Mineralquellen SMS. Sein Verband kann auf eine eindrückliche Entwicklung zurück blicken: Vor 100 Jahren betrug der Pro-Kopf-Verbrauch an Mineralwasser weniger als zwei Liter. Heute sind es bereits deutlich über 100 Liter. In diesem Wachstum spiegle sich «der Ausdruck eines geänderten, neuen Körper- und Gesundheitsbewusstseins wider», sagt Marcel Kreber. Sicherlich spielt auch die grosse Auswahl eine Rolle: Jede und jeder kann sich sein Lieblingswasser nach eigenem Gusto aussuchen. Doch nach welchen Kriterien soll dies geschehen? Beim jeweiligen Mineralien-Mix (siehe Tabelle) sind vor allem die Bestandteile Kalzium und Magnesium zu beachten: «Magnesium spielt bei der Übertragung von Reizen im Nervensystem eine wichtige Rolle; es verhindert Muskelkrämpfe, wie sie oft nachts in den Waden vorkommen», erklärt die Ernährungspädagogin und Buchautorin (siehe Buchtipp) Gabriele Emmenegger, die sich eingehend mit der Bedeutung von Mineralwässern in der täglichen Ernährung befasst hat. «Kalzium ist wichtig für den Aufbau und den Erhalt der Knochenmasse», sagt sie. Der Körper brauche rund 1000 Milligramm Kalzium pro Tag, die er unter anderem durch Milch und Milchprodukte aufnehmen könne. «Wer solche ablehnt oder nicht verträgt, sollte als Alternative Mineralwässer mit einem Kalziumgehalt von mehr als 150 Milligramm pro Liter trinken.» Meist sei die Wahl des Mineralwassers aber nur eine Frage des persönlichen Geschmacks und Wohlbefindens, meint die Ernährungsexpertin. Wer den charakteristischen Geschmack liebe, wer Wert auf die Versorgung des Körpers mit lebenswichtigen Mineralstoffen lege und wer starken körperlichen Anstrengungen ausgesetzt sei, «wird mit Vorliebe ein stärker mineralisiertes Wasser wählen, also eines mit mehr als 1500 mg Mineralien pro Liter.» Doch nicht jedes so genannte Mineralwasser geht als Mineralwasser durch: Als «natürliches Mineralwasser» darf es nur bezeichnet werden, wenn es aus natürlichen Quellen oder unterirdischen Wasservorkommen stammt und unbehandelt ist. Der einzige Stoff, der künstlich beigefügt werden darf, ist Kohlensäure. Auf die Qualität des Wassers hat sie keinen Einfluss, die Bläschen verändern lediglich den «Charakter»: prickelnd, feinperlig oder eben still. Mineralwasser mit Kohlensäure haben allerdings eine längere Haltbarkeit als die so genannt stillen Wasser. Grundsätzlich sollten jedoch alle Mineralwässer an einem kühlen und dunklen Ort gelagert werden. Beim «künstlichen Mineralwasser» handelt es sich um Trinkwasser, dem natürliches Mineralwasser, Sole, natürliche Quellsalze oder Nachahmungen von Salzmischungen zugegeben werden. Oft taucht auch der Begriff «Quellwasser» auf. Es ist Trinkwasser, das an der Quelle abgefüllt wird und nur mit jenen Verfahren aufbereitet werden darf, die auch für natürliches Mineralwasser zulässig sind. Im Gegensatz zu diesem zeichnet sich Quellwasser aber nicht aus durch besondere geologische Herkunft, ursprüngliche Reinheit oder gleichbleibende Zusammensetzung. Und das über die Leitungsnetze verteilte Trinkwasser wird entweder chemisch (Zusatz von Chlor oder Ozon) oder physikalisch (ultraviolette Strahlen, sterile Filtration) entkeimt. Hahnenwasser kann beliebig vermischt werden und verschiedenen Ursprungs sein – Quell-, Grund-, See- oder Flusswasser. Die Inhaltsstoffe und die Qualität des Trinkwassers können je nach Region auch starken Veränderungen unterworfen sein. Manchmal wird Trinkwasser in Flaschen abgefüllt und mit Kohlensäure angereichert. Dadurch verwandelt es sich jedoch nicht in Mineralwasser (gilt auch für Soda-Sprudler). Zwischen Mineral-, Quell- und gewöhnlichem Trinkwasser und deren Produktion gibt es also durchaus Unterschiede. Und die Konsumenten können frei wählen, welches Wasser sie bevorzugen. Peter Brabeck-Letmathe, VR-Präsident der Nestlé AG, findet es aber grundsätzlich problematisch, Wasser in Flaschen unserem Leitungswasser gegenüberzustellen: «Es ist heute vor allem die gesündere Alternative zu Süssgetränken, zum Teil auch zu alkoholischen Getränken». Juli 2008 Web-Links:
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