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Ressourcenmangel auf Kosten der Prämienzahler

 

VON VERA BUELLER

Dorothea Conte glaubte, «ein Hightech-Gerät par excellence in den Händen zu halten». Ein Nervenstimulationsgerät, das sie gegen ihre Rückenschmerzen für 316 Franken im Spital bekommen hatte. Sie wollte mehr über das Wundergerät erfahren und begann im Internet zu googlen – mit interessantem Ergebnis: Das Gerät kostet beim amerikanischen Lieferanten TENSproducts nur 44.95 Dollar, also 41.5 Franken. Derweil ist es gar als Aktion «zwei für eins» zu haben. «Den zu hohen Preis, den der Importeur kassiert, zahlen wir Prämienzahler», entrüstet sich Dorothea Conte. Der Importeur war für den «Beobachter» nicht zu sprechen.

Er profitiert davon, dass die Krankenkassen für dieses Gerät in der Schweiz tatsächlich bis zu 270 Franken vergüten müssen. So  steht es in der «Mittel- und Gegenständeliste» des Bundes (MiGel). Sie gibt Auskunft darüber, wie viel die obligatorische Krankenversicherung für medizinische Hilfsmittel wie Krücken, Injektionsmaterial oder Inhalationsgeräte bezahlen muss. Die Krux dabei: Es handelt sich bei den Angaben um Höchstpreise. Und die Hersteller oder Händler von Medizinalprodukten orientieren sich an diesem festgelegten Maximalbetrag und nicht am Markt.

Der Preis wird von einer Kommission aus Vertretern des Bundes, des Gesundheits- und Versicherungswesen sowie Ökonomen ermittelt. Dass die Liste die wirklichen Marktpreise zu wenig widerspiegelt, hat Preisüberwacher Stefan Meierhans längst erkannt: «Die Preise in der MiGel sind im internationalen Vergleich in der Tat häufig sehr hoch.» Er hat deshalb schon vor einigen Monaten detaillierte Empfehlungen zur Neuregulierung der MiGeL-Preise abgegeben. Doch beim Bundesamt für Gesundheit fehlt es angeblich an Ressourcen um den jeweils günstigsten Lieferanten aller MiGel-Produkte zu finden. Mediensprecher Daniel Dauwalder dazu: «Eine generell Überprüfung ist in naher Zukunft geplant».

Das Warten geht auf Kosten der Prämienzahler: Santésuisse, der Verband der Schweizer Krankenkassen, schätzt die Sparmöglichkeiten im MiGel-Bereich auf gut 100 Millionen Franken jährlich.

Januar 2012
Der Text ist auxch erschienen im www.beobachter.ch

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